05 August 2016

Flucht aus Schland - zweite Etappe Berlin

Krasser kann der Gegensatz kaum sein: Vom geruhsamen Jena, der sonnigen Radtour bis Naumburg an der Saale - dann nach Berlin. Die Hauptstadt rot-rot-grüner Leistungsträger toppt Köln um ein Vielfaches. Wo Köln noch bunt blühte im verschandelten Schland, erinnert das märchenhafte Berlin an die Geschichte: "Einer, der auszog das Gruseln zu lernen."




Genug vom Theater! Zurück zu Berlin - voll verspannt im Hier-und-Hetz!


Meine erste Radtour quer durch die Stadt von Spandau gibt mir erste Eindrücke von einem Land, das mir immer fremder wird. Mag sein, dass meine spießige Ü65-Jahre nicht mehr mit den jungen Freuden und Freunden mithalten.


Mag ja sein, dass 20 Jahre, acht Monate und 12 Tage als angestellter Redakteur einer Computerfachzeitschrift mir die luftige Leichtigkeit unbeschwingter Tagträumerei abgewöhnt haben.


Mag sein, dass mir das Verständnis für offene Gewalt von Antifanten ebenso wie von Macho mäßiger Anmaßung raumgreifender Berufsasylanten fehlt.


Mag sein, dass organisierte Antifa-Demonstration mit Wohlwollen und finanzieller Förderung der Münchener Eliten mir übel aufstoßen.


Mag sein, dass der Reisemobilhafen Berlin-Spandau mich mit donnernder Tieffliegern nervt. Die Camper zur Linken wie zur Rechten sind keinen Meter weit entfernt. Der Stellplatz ist fünf Tage lange meine Heimat. Der Backsteinblock im Hintergrund ist mit Flüchtlingen, Familien und vielen Kindern bevölkert. Kopftuch-Mütter en masse.


Mag sein, dass mich die verlogenen Plakat-Parolen runter ziehen. "FREILANDHALTUNG AUCH FÜR GROSSSTADTMENSCHEN." Etwa 20 Prozent Muslims bevölkern Berlin. Dazu drängt eine starke arabische Fraktion mit Flüchtlingen nach Berlin. Die Parole der Grünen mag gehobene Kreise in Grünvierteln ansprechen. Mich nicht. In dem Gewühl von Spandau ist "FREILANDHALTUNG AUCH FÜR MENSCHEN" illusorisch. Dabei gehört Spandau noch zu den gehobeneren Wohngegenden, vermeldet Wiki.



Mag sein, dass eine Unmenge an elenden Kleingeschäften die pompöse Pracht der Ziegelbauten erdrückt.


Mag sein, dass die trüb graue Witterung mir auf die Stimmung schlägt. Dabei hat das Wetter den unschätzbaren Vorteil, dass sich meine rollende Plastiktonne nicht auf 30 Grad aufheizt.


Mag sein, dass Standbilder wie Kirchtürme aus der Vergangenheit als Monumente und Sinnbilder ausgedient haben.



Mag sein, dass selbst die vergnügliche Kulisse eines Freizeitparkts und Musikareals der Zitadelle schlecht die Aura von Zuchthaus und Kaserne überdeckt.


Mag sein, dass sich türkische Döner mit US-Mc-Kultur schlecht  verbinden.


Mag sein, dass die Bestattung von Herrchen und Frauchen mitsamt ihren Haustieren in einem Shop ein neues Geschäftsfeld eröffnet.


Mag sein, dass die Piraten Kulturschaffende in Berlin fördern, ohne zu fordern. 


Mag sein, dass Haushaltsauflösungen gewinnbringend als Trödel verramscht werden.


Mag sein, dass dieses Fabelwesen einen Gaul darstellen soll, der Grünspan ansetzt.

Mag sein, dass das Grillhaus Anatolien das halbe Huhn für 2,50 anbietet.
Rathaus Berlin-Spandau

"TU WAS DU WILLST NICHT WAS DU MUSST", plakatieren die Piraten ihr Programm. Nach Befreiung von sich ständig mühender Last dank steuerliche Grundversorgung fragen nicht die emsig wuselnder Betreiber von Kleingeschäften. Vom McDöner zu Bestattungen, auch billig Bestattungen incl. Web-Auftritt, vom Trödeleck zum "GRILLHAUS ANATOLIEN" munter mittendrin ein Roß, welches Grünspan ansetzt, dann ein monumentaler Behördenbau, all das braucht starke Nerven, ein ausgeglichenes Gemüt und mehr Optimusmus, als mir bei meiner ersten Radtour gegeben. Menschen, die schon morgens auf Bänken, Steinen und Grasflächen sich mit ihren Bierflaschen lümmeln, vielfach tätowiert und mit grobem Piercing verziert, erinnern an einen Aufkleber, den ein Proll an seinen verrotteten 7er-BMW gepappt hatte:
EURE ARMUT KOTZT MICH AN!



Solche Lebenskünstler genießen zwischen Ausfallstraße und Gewässer jeden freien Platz für ein Refugium im Grünen. Mit handwerklichem Geschick erhält ein ausgedienten Wohnwagen ein weiteres Dach. Die Hütte dahinter ziert ein Astwerk, welches an ein Geweih erinnert. Doch weiter im Weg.


Denkmal der Bomberpiloten, die Harris einsetzte. Das Durchschnittsalter der Piloten war 22 Jahre. Etwa 50 Prozent der Piloten kam bei den Einsätzen um.


Nach einer harten Radtour an lärmenden Straßen nähern sich die Touristenattraktionen, Siegessäule und Brandenburger Tor.


Die russischen Soldaten ruhen auf einem Heldenfriedhof, den Panzer und Kanonen schmücken.


Mittlerweile reicht mir die Stadt. Müdigkeit, Hunger sind stärker als alle Attraktionen im Zentrum.



Der Besuch der Denkmäler für all die Opfer bleibt auf einen späteren Termin verschoben.


Einen Abschiedsblick auf das russische Denkmal - dann geht es wieder fünfzehn Kilometer zurück nach Spandau. Besonders die durch den Asphalt brechenden Wurzeln der Bäume nerven auf dem Radweg.



Als krönender Abschluß der kleinen Stadtfahrt verabschieden sich die Herren Moltke und Bismark auf ihren Standbildern im XXL-Format.


Saale-Radweg von Jena nach Naumburg

 

 

Zwei Tage zuvor war die Welt noch in Ordnung, jedenfalls in besserer Ordnung. Die Bilder erinnern mich an diese wunderbare Tour.

Allein das Wetter in Jena machte schon bessere Laune. Die Natur, die Stille, die Vögel, die Wälder an der Saale, der Fluß, die Burgen, Weinberge, Obst aller Sorten, Brombeeren am Weg, eine heilsame Fahrt durch paradiesische Gefilde.



Im Dörfchen Döbritschen scheint die Zeit stehen geblieben zu sein.





Das Freibad vor Camburg lockt als idylische Wald-, Wiesen- und Wasser-Oase, doch der Weg nach Naumburg ist noch weit.



Am gesegneten Flecken Saaleck mit der Burg Saaleck und der Rudelsburg liegt auf der anderen Talseite ein Ort namens "Himmelreich".  Schon bei früheren Besuchen dort wirkte dieser Platz von Glück, Friede und Ruhe segensreich auf mich und meine Frau.

 

 


Saaleck mit seinen Burgen ist die schönste Perle auf dem herrlichen Weg von Jena nach Naumburg.



Ein asiatischer Imbiss verwöhnt mich in Bad Kösen mit einem vegetarischen Tofu-Gericht, Gemüse und Reis.


Links im Weinberg zieht der Trecker mit seiner Gift sprühenden Fracht seine Bahn.



An diesem Gemäuer ist der Ortsrand von Naumburg erreicht.

Denkmäler erinnern an die Gefallen von 14/18 und von 70/71.

Naumburg: Zum Besuch des Doms reicht die Kraft diesmal nicht. Doch diese Sehenswürdigkeit ist mir schon von einem früheren Besuch bekannt. Der Zug bringt mich mit meinem Fahrrad in knapp einer halben Stunde die 40 Kilometer heim nach Jena.


Pirincci, ein Prophet, der nichts gilt im "eigenen" Land



Wieder hat Pirincci einen Beitrag lanciert, der mir den Atem raubt.



Facebook sperrt Akif  Pirincci aus undurchsichtigen, juristisch willkürlichen Gründen mal wieder für einen Monat. Mit seiner Arbeit "mehr Fremdenfeindlichkeit wagen", verlängert sich Pirincci die gestapo-stasi gleiche Facebook-Zensur vermutlich um einen weiteren Monat. Obgleich bei mir hier am Stellplatz Spandau bei guter WLan-Verbindung Nachrichten in nahezu beliebiger Menge einlaufen, Pirincci ist und bleibt der ungekrönte Meister sprachliche Kraft und gedanklicher Gestaltung.


Für mich und viele andere denkt Pirincci logisch und er schreibt schlüssig. Der türkischstämmige Pirincci kennt aus Erziehung hierzulande und seinen Wurzeln im anderen Land aus eigenem Erleben die Ursachen, welche wirken. Nur widerspricht Pirincci mit seiner eingängigen Logik fundamental den Interessen der Nutznießer dieser Ausverkaufspolitik unserer Werte, unseres Landes. Doch die Zustimmung mit meinen bescheiden Kräften hilft Pirincci wenig.

Pirincci schreibt schwierig und schwer verständlich für politisch entmündigte, verblödete und verbildete Genusssüchtige. Wer bei Formel Eins, Fussball und dergleichen vor der Glotze döst, hat an Pirinccis Texte hart  zu kauen. Der digitale Analphabet kommentiert dies in seiner beschränkten Aufmerksamkeitsökonomie mit dem Kürzel „2l2r“ – too long to read. Wer ein paar Euros als Asylhelfer macht, keift emotional erregt, mit drei Sternchen vorn wie hinten aufgehübscht:


***mein Reden: ich bin voll dafür, dass man diese kleine, hinterwäldlerische, türkische Dumpfbacke ausweist***

In den Weiten des Netzes tauchen vermehrt Stimmen auf, welche den Untergang europäischer Werte allgemein und deutscher Werte besonders als arrangierte Methode analysieren, das Volk mit- und gegen-einander in Kriege, Bürgerkriege zu hetzen.

  Es lohnt sich, den Text von Saker genauer zu lesen.
Das letzte Mal, als das Empire die Notwendigkeit empfand, die Kontrolle über Europa wieder zu erlangen und die Wahl von gegen die USA gerichteten Parteien zu verhindern, betrieb es die berüchtigte Gladio-Kampagne mit False Flags, um die „kommunistische Bedrohung“ zu neutralisieren (hier die volle Dokumentation der BBC, hier eine deutsche). Es scheint, dass die gleichen Leute das Gleiche erneut tun, aber diesmal gegen die vermeintliche „islamische Gefahr“. Und nur um sicher zu stellen, dass die normalen Leute wirklich durchdrehen, scheinen sich die Anglo-Zionisten auf einen Plan geeinigt zu haben, der der Intuition zuwiderläuft:

1.offiziell (durch Politiker) wird jede anti-islamische Rhetorik verurteilt

2.inoffiziell (durch Medien, Prominente) wird ständig vor der Gefahr islamischen Extremismus gewarnt

3.ergreife man einige sehr sichtbare, aber völlig nutzlose Maßnahmen (TSA, Anti-Terror-Training), um einen islamistischen Angriff abzuwehren

4.unterstützt man verdeckt, aber aktiv den Takfirismus wie Daesh im Nahen Osten und stellt sich gegen jene, die, wie die Russen, die Iraner und die Syrer, wirklich tagtäglich gegen sie kämpfen

Wozu dient ein solcher, anscheinend unlogischer und selbstzerstörerischer Plan? Einfach! Er maximiert die Furcht  und polarisiert die Gesellschaft.
 Um die verlinkten Quellen abzugreifen, möge der Leser sich bei Vineyard Saker im oben angegebenen Link selbst umsehen. Es braucht Kraft, viel Kraft, sich mit damit zu beschäftigen....



Je geringer der Geist zum Disput, umso größer die Lust an Gewalt. 





Die  Heuchelei, welche nützliche Gewalt fördert und Satire und Kritik als Hetze dämonisiert, feiert fröhliche Zuwachsraten mit staatlich geförderten Institutionen - beispielhaft die Amadeu-Antonio-Stiftung.



Die Staatspropaganda verbreitet mit ihren Staatsdarstellern Lügen in ständiger Wiederholung so geballt, dass viele Menschen diesen Lügen glauben, auch wenn die Fakten offensichtlich dagegen stehen.



Nach sich häufenden Morden, Vergewaltigungen und Gewaltverbrechen nimmt der Schön- und Neu-Sprech der Polit-Propaganda das Wort "Attentäter" aus dem Programm und ersetzt dies durch den Begriff "geistig verwirrter Einzeltäter".


Das sich stetig steigernde Grauen hinterlässt digitale Spuren, die ermüden und sich abnutzen. Selbst die blutigsten Videos der Kopf- und Handabschneider verlieren im Maße ihrer Vervielfältigung sich in Alltäglichkeit. Die Gebetsmühlen bombardieren mit Textbausteinen wie von "psychisch gestörten Einzeltätern" die Öffentlichkeit, während die Opfer mit dem Leben ringen oder gemetzelt auf dem Pflaster verbluten.

Der FAZ-Blogger Don Alphonso flirtet elegant mit Sprache und Stil vor und für ein Publikum, welches sich die Langeweile mit ein paar hübschen Sätzen vertreiben will. Kommentare verschwinden bei Don Alphonso, besonders wenn sie auf einen Konkurrenten wie Elsässer oder Pirincci verweisen. Wenn der Mann nicht ganz zensiert, beschränkt er sich darauf, ihm unliebsame Links zu löschen mit einem Verweis wie diesem:


[Edit: Link entfernt. Vielleicht sollte ich das auch begründen, aber im Kern nervt diese Linkschleuderei. Ich muss jedesmal haufenweise Müll lesen, und darauf habe ich keine Lust. Don.]



Als Heuchler abgehakt: Selbst sich mit dem Mäntelchen freiheitlichen Kampfesmutes schmücken, doch Zuschriften, die an dieser Reputation kratzen, verschwinden lassen. Es macht immer wieder Freude, diese Schreiberlein mit gleichsam gespaltener Zunge zu entlarven!




Während Gerichte wie Verlage versuchen, Pirincci finanziell zu ruinieren, bedorhen Fatwa-Feinde einen Islam kritischen Autor wie Abdel-Samad mit Mord. Wer weniger Aufsehen erregt, den sperrt Facebook. Staatlich geförderte Gedankenpolizisten und Gesinnungsschnüffler durchkämmen die sozialen Medien und begrenzen Freie Meinungsäußerung auf das, was der Merkel-Mania gefällt.


  
Wer als Satiriker seine scharfe Soße über das tägliche Morden, Vergewaltigen, das fröhliche Fahrzeug-Abfackeln zumindest mit einer Prise Humor würzt, der verschafft sich zumindest selbst ein wenig Erleichterung.


Lächelnd lässt sich leichter leben, auch wenn das Lachen bitter wirkt.

Wer gut integriert ist, wirbt im türkischen Branchenbuch von Berlin dann auch mit fehlerfreiem Deutsch für seine Dienstleistung, sein Geschäft, seine Arbeit. Wem dereinst in der geopolitischen Gemengelage, welche mal wieder die deutsche Mittellage als geeignetes Großkampf-Gebiet  ausersieht, der Boden zu heiß wird, der setzt sich besser und rechtzeitig ab.

Mir macht das leider keinen Spaß. Besser gleich den Schierlingsbecher kippen bis zur bitteren Neige. Irgendwann ist man alt genug dazu!

Zitadelle Berlin

 

Es riecht noch nach Blut, Schweiß, Tränen, Pulver. Das Geschrei der Feldwebel hängt noch in den Mauern. Kriegsverbrechergefängnis, Kaserne, Museum, Musikbühne, Cafeteria, Kunstwerkstätten. Geschichte in Stein.


Doch der Besuch in den verschiedenen Museen der Zitalle mehrt mein Verständnis für Spandau. Garnisonsstadt, Rüstungsbetriebe, Produktion von Zweirad, Vierrad, Allrad, Siemens, Konsum.




Wenn es nicht gerade, wie bei Hindenburg, groß im Sockel verzeichnet ist, interessiert heute nur noch eine geschichtsbeflissene Minderheit, wer sich auf seinem Sockel zu pompöser Pose aufbrezelt.

  
Jedenfalls passen die Gestalten in die Museumsräume der Zitadelle.


Wie sich die Posen ähneln: Heerführer, Generäle, Politiker beugen sich über Landkarten und träumen von erfolgreichen Eroberungen.


Zwischen Sieg und Niederlage fließen Ströme von Blut.


Derzeit arbeiten Politiker und Ingenieure in Schland unter Hochdruck daran, die Menschen im Krisen-, Katastrophen- und Kriegsfall zeitgemäß zu benachrichtigen. Sirenen sind out, SMS ist in.


Doch solange man den Kopf noch auf dem Hals trägt, soll man ihn nicht hängen lassen.


Der Blick über Spandau geht weit in Richtung Innenstadt. Der Funkturm liegt in weiter Ferne, ist aber noch zu sehen.


Der DKW mit Frontantrieb fuhr schon 1931 mit Zweizylinder-Zweitakt-Motor aus dem Werk in Spandau. Er erreichte 75 km/h und verbrauchte acht Liter auf 100 Kilometer. Den Preis von 2395 Reichsmark konnten 4335 Käufer bezahlen.


Eine staatliche Batterie von alten und neueren Geschützen vervollständigt die Sammlung.


Jedenfalls ist es notwendig, den Wohnmobilhafen in Spandau für Stunden zu verlassen, um Ruhe vor den donnernden Tieffliegern zu bekommen.


Per Schiff zum Kanzleramt - zurück per Rad und Bahn

Eine Bootsfahrt ist immer noch die beste Erholung im lauten Getümmel der Stadt. Die lärmende Straße, die finsteren U-Bahn-Röhren sind dagegen pures Nervengift. Also bringt mich das Passagierschiff, ausgerechnet mit dem Namen "Angela", von Spandau in die City. Dank des Reiseführers am Mikrofon, dessen "Berliner Schnauze" gerade noch zu verstehen ist, gibt es dabei viel zu sehen und zu lernen auf dem Weg.

Die Graureiher sind mir schon auf der Burgmauer der Zitadelle aufgefallen. Auf der Spree begegnen wir ihnen wieder. Auch Kormorane fliegen über den Fluß. Bei Youtube lassen sich Filme finden, wie Wildschweine in Berliner Vororten die Mülltonnen durchwühlen.

Der Kühlturm vom Steinkohle-Kraftwerk Reuter-West versorgt Berlin mit Energie. Die Kohle kommt mittlerweile aus Polen, nicht mehr aus dem Ruhrgebiet. Ein Schubschiff bringt vier- bis fünfhundert Tonnen Kohle. Im Winter verfeuert das Werk davon sieben Schiffsladungen. Täglich.


Die Spree schlängelt sich 45 Kilometer lang durch Berlin. Bei der geringen Fließgeschwindigkeit dauert es etwa drei Tage lang, bis das Wasser durch die Stadt geflossen ist.

An weiteren Industriewerken wie von Siemens und Müllverbrennungsanlagen tuckert der Kahn Richtung Kanzleramt. Berlin gewinnt sein Trinkwasser aus Tiefenbohrungen und führt es in Rohrleitungen in die Stadt.


 Hier fließt die Dahme in die Spree. In früheren Zeiten wurde Berlin in hohem Maße über seine Wasseranbindungen versorgt. Mein Väterchen selig, waschechter Berliner vom Jahrgang 1906, schwärmte bis ins hohe Alter von seinem wunderbaren Ruderholz aus Mahogoni. Damit ist er in den Semesterferien bis nach Rügen gekommen - und zurück nach Berlin.

Der Siemens-Turm überragt alle Gebäude in der Siemens-Stadt. Früher diente er als Wasserturm. Wir schippern weiter "bergwärts", wie uns der Seeman erklärt, Richtung Innenstadt.

Unter der Rudolf-Gisell-Brücke geht es in die Schleuse. Diese Brücke ist mit 900 Metern die Längste in Berlin. Jede dieser Brücken trägt den Namen einer bedeutenden Persönlichkeit, deren Geschichte wir hören.

Die Schleuse hebt uns etwa anderthalb Meter höher, bevor die Fahrt weiter geht. Die Verzögerung dabei ist kaum zu bemerken.

Freizeitkapitäne aus aller Herren Länder landen in Berlin an. Manche lassen sich ihre Yachten mit Spezialschiffen von Übersee aus ankarren, um dann monatelang sich auf Europäischen Gewässern zu vergnügen.



Das Landgericht Berlin von 1901 sollte mit seiner rauen Fassade Respekt vor den Richtern einfordern. Zwischen der Volljuristerei meines Väterchen wie Töchterchen liegen mittlerweile Welten. Gerade einmal bliebe anzumerken, dass zumindest das Gemäuer des Gerichts nicht Graffiti verschönert. Sonst lässt sich kaum eine Haus- oder Friedhofsmauer in den Randbezirken Berlins entdecken, die nicht über und über mit Farbe beschmiert ist.


Die Berliner Schnauze hat das Denkmal "Spree-Kieker" getauft. Es erinnert an den ersten Radiosprecher, der sich stets als "Stimme Berlins" etwa ab 1925 meldete.

Ehemalige Lagergebäude sind modernisiert, teils in begehrten Wohnraum, Hotels oder auch als neue Industriezentralen entstanden.
Selten sind dazwischen noch Reste alter Bausubstanz zu sehen. Berlin war nach dem Krieg platt. Die Bomben hatten kaum einen Stein auf dem andern gelassen, der Tiergarten, das Meiste war vollkommen zerstört.


Hier zweigt der Landwehrkanal ab, in dessen Wasser nach grausamen Straßenkämpfen der Weimarer Republik manch unverdrossener Widerstandskämpfer gegen die braunen Horden sein Leben endete. Die heutige Antifa ist genau das Gegenteil damaliger Kämpfer, weil sich diese Sorte Antifa von den herrschenden Eliten kaufen und instrumentalisieren lässt.


Nochmal ein aufgebretzeltes ehemaliges Speichergebäude in dessen nächster Nähe sich ....


... eine hyper-moderne IT-Zentrale anschließt. Sonnenkollektoren vor der Glasfront, ein begrünter Dachgarten mit Regenwasser-Sammelstellen, welches das Gebäude mit Brauchwasser versorgen und, und, und.


Behäbig schiebt sich das Schiff an Lokalitäten vorbei, welche an der Spree mit Palmengarten Südseeflair aufkommen lassen, an Restaurant-Schiffen wie diesem "Spree-Blick I" und dahinter die obligatorischen Bauwerke vom Baumeister Schinkel nach dem Motto: "Kein Winkel ohne Schinkel!"


Wie wir uns unter der Lessingbrücke durchschieben, wo der große Dichter in nächster Nachbarschaft seine "Minna von Barnhelm" geschrieben haben soll, erfreuen uns die ersten Sonnenstrahlen. Nachdem gegen 4.30 Uhr in der Früh ein prasselnder Regen meinen Schlaf unterbrach, den gegen 6.00 Uhr früh dann die über mein Plastikdach donnernden Flugzeuge weiter störten, entspannt ein wenig Sonne auf dem Wasser wohlig und warm.


Vor dem massigen Hotelkomplex ankert die einstmalige königlich schwedische Yacht AIDA, welche ihren Weg nach Berlin gefunden hat.


Vor der Moabiter-, auch Bären-Brücke genannt, muss der Kahn verweilen, weil die Durchfahrt nur als Einweg passierbar ist.


Nach dieser hohlen Gasse eröffnet sich zur Rechten der Blick auf den Tiergarten. Dieser war mit seinen 200 Hektar einst ein kurfürstliches Jagdrevier, welches Mitte des 18. Jahrhunderts sich für die Öffentlichkeit erschloß. Das erinnert mich an den Englischen Garten in München. Die französische Revolution, die nicht wenige der herrschenden Eliten um Kopf und Kragen brachte, hatte zur Folge, dass sich in Schland der Adel bequemte, lieb und teuer geschätzte Privilegien wie solche Jagdgebiete als Parks für uns Pöbel zu öffnen.


Das Gebäude schnauzen Berliner als "Schwangere Auster", bekannt und berüchtigt durch Pfusch am Bau, als die tonnenschwere "Halskrause" abbrach.


Wir nähern uns einer vollkommen anderen Welt, dem Kanzler-Park mit Hubschrauberlandeplatz, dem Regierungsviertel mit eigens angeschlossenem Kindergarten, den Ministerialbauten mit Hunderten von hoch dotierten Arbeitsplätzen und eigenen Wohnghettos.


Inwieweit die Molkte-Brücke Zugang zu dieser Parallelwelt der mehr oder minder unwirklichen Regierungsgewalt eröffnet, ließ sich in der Kürze der Zeit nicht erforschen. Denn schon im nächsten Bild eröffnet sich der Blick auf den Hauptbahnhof, von dem eine Millionen teure kurze U-Bahn-Strecke meines Wissens ins Regierungsviertel führt.


Jedenfalls scheint für Prunk- und Protz-Projekte aller Art immer Geld genügend vorhanden zu sein, während die Vorort-Bahnen verludern und verlottern, das Geld für Klopapier und Putzdienste in Schulen fehlt, und Eltern schon selbst helfen müssen, um Klassenräume zu streichen. Verrückte Welt!


Dank frei schwebenden Stahlbetonbrücken und endlos fließender Gelder gönnten die Architekten unseren Regierungsrepräsentanten in diesem Viertel an der Spree alles, was gut und teuer ist. Man kann es ja auch schön finden.


Da schippert nun die "Angela" ohne mich und mein Fahrrad flußabwärts zurück nach Spandau. Für mich geht die Fahrt mit dem Fahrrad weiter.


Da residieren nun die Größten im Land mit ihren Lakeien, gewählt von einem Volk, dem man durch Geburt und Ausweis angehört.


Auch bei diesem Berlin-Besuch sträubt sich wieder alles in mir, durch die Kanzler-Kuppel zu kriechen. Obgleich sonst kein Turm vor meinem schnaufend mühsamen Aufstieg sicher ist, auf die Reichstag-Kuppel zieht es micht nicht.


Vielleicht ist das meiner anti-autoritären Konditionierung geschuldet, die mich bis in APO-OPA-Zeiten verfolgt.


Mein Weg führt mich an den Gedenkstätten der ermordeten Sinti und Roma vorbei wie an dem....


... Holocaust-Denkmal.


Kreuz und quer Richtung Neukölln oder Kreuzberg treibt es mich durch die Straßen der endlos großen Stadt Berlin, am Potsdamer Platz vorbei.


Ein Stück "Berliner Mauer" geschmackvoll garniert vor der freien Ausstellung "Topografie des Terrors" - Alliteration klingen doch immer wieder verführerisch schön.



Doch mehr als zur freien Ausstellung Topografie des Terrors wäre mir "urbanes Baden" angenehm. Zwei Stunden für 19,50 Euro. Doch Ausstellung wie Bad bleiben mir erspart, weil am Camp die Dusche für einen Euro mir nahezu ein ähnliches Badevergnügen bereitet. Irgendwie erinnert mich als einsamer Radfahrer am Straßenrand, an dem der Stress-Verkehr in Zentimeter Abstand vorbei drängelt, an eine Form von "Topografie des Terrors". Schon klar, dass sich solche Relativierungen verbieten, schon klar!


Dass meine Sätze zuweilen politisch unkorrekt daher kommen, ist meinen überreizten Nerven geschuldet. Passend zu meiner Mittagspause am Sommerbad Kreuzberg mit Kaffee aus dem Becher einer türkischen Bahnhofstube knallen diese beiden Fahrzeuge ineinander. Mit Tatüta rollen Kranken-, Polizeiwagen und Feuerwehr an, streuen Lösungsmittel über ausgelaufene Flüssigkeiten und schieben den Schrott von der Straße.

Noch nerviger gestern abend an der U-Bahn-Station Spandau Rathaus. Großflächig mit Flatterband eine abgesperrte Bushaltestelle, Einsatzkräfte vor Ort. Ein Mann untersucht einen schwarzen Rucksack, der dort stehen geblieben ist. Nach einiger Zeit geben die Einsatzkräfte Entwarnung, rollen das Flatterband ein, und geben den Weg wieder frei. "Was war denn in dem Rucksack?", fragen Passanten. "Nur Hanteln", "ach, deshalb war er so schwer..." "Ist ja gut, dass sie uns angerufen haben, sicher ist sicher..."


Nach der Unfallszene in Berlin Kreuzberg rebelliert mein Magen. Berlin ist nichts für einen schwachen Magen, oder der braucht in Berlin Diät. Jedenfalls führt mich mein Weg noch über einen Park namens "Gleisdreieck" mit so wunderlichen Schildern wie "Naturerlebnis" zur U-Bahn-Station Yorkstraße. Von dort rüttelt mich und mein Fahrrad die U-1 bis nach Spandau. Ob der Preis für die Karten ausreichend gewesen wären oder waren, war mir zu dem Zeitpunkt auch schon egal. Der "Beat of Berlin" schlägt als Millionenstadt-Moloch mir auf den Magen.



URGGS!

Und Sonntag geht es Richtung Osten....


2 Kommentare:

redlope hat gesagt…

Schöne Dokumentation, wie immer ;)

Aber man merkt ein wenig den Kulturschock "Großstadt" heraus...
Man braucht ein paar Tage, um sich, wenn man vom grünen Lande kommt, nervlich zu akklimatisieren.
Ich wohne mitten in Moabit, einige der Fotomotive seh ich täglich.
Man gewöhnt sich auch an den Lärmpegel einer Großstadt, wenn man in ihr lebt.
Aber, es ist klar, das Großstadtleben ist nicht für jeden etwas!

Und Berlin ist eigentlich noch eine der "gemächlicheren" Metropolen der Welt. Hier geht es vergleichsweise ruhig zu und es gibt viele Grünflächen und man rennt nicht ständig in andere Menschen rein.
London oder New York drehen noch ein vielfaches höher. Wenn ich dort bin, fühle ich mich jedesmal wie der "Besucher vom Lande"...
;-)

Unknown hat gesagt…

Mag sein, dass viele Menschen, die mit ihrer Schulklasse oder ihrem Kegelclub einmal im Leben Berlin besuchen, diese Hauptstadt "witzig" finden, weil vieles ein bisschen "anders" ist, als sie das aus ihrem Restbild von Deutschland kennen.
Ich sage dazu mal nix weiter!

Natürlich kann man sich als Einwohner an fast alles gewöhnen. Andere Ur-Berliner wohnen längst woanders.
Berlin ist keineswegs eine typische Großstadt wie jede andere. Ich war in allen Städten in Deutschland, in manchen davon mehrfach. Vor Berlin hat es mir stets gegraust, wenn diese Stadt aus beruflichen Gründen unausweichlich auf dem Plan stand.

Übrigens war ich zu der Zeit noch lange keine 50 Jahre "alt".