17 Januar 2012

Erster Reisebericht

Endlich die Straße unter den Rädern. Es wird eine lange Reise - hoffen wir, mein Begleiter Johannes im Peugeot-Tikro. Mein Haus baut auf einem VW-Crafter.

On the road again: Von München geht die erste Etappe durch die Schweiz nach Wohlen. Dort wohnt meine Reisekamerad Johannes. Am Freitag, den 13., geht die Reise von Wohlen schnell über die Autobahnen in der Schweiz zur französischen Grenze. Wir verlassen dort die mautpflichtigen Straßen und kämpfen uns auf Landstraßen bis etwa 20 Kilometer hinter Bourg-en-Brass durch kaltes, nebliges Land. Selten bricht die Sonne durch die Wolken. In den höheren Jura-Regionen liegt stellenweise noch Schnee. Unser Reiseziel Cluny verfehlen wir um 45 Kilometer. Denn davor lädt uns ein bäuerlicher Campingplatz zur Pause ein. Wir zahlen 12 Euro pro Fahrzeug, Strom eingeschlossen. Das ist ein Sonderpreis. Denn die Duschen und Toiletten sind wegen Frostgefahr noch nicht in Betrieb. Die Temperatur pendelt um den Gefrierpunkt. Der Himmel zeigt tausende Sterne. Die Umweltverschmutzung der leuchtenden Stadt Bourg-en-Bresse zeigt sich weiterer Ferne.



Schon nach wenigen Kilometern fühlen wir uns gemeinsam als Team.

Samstag fahren wir im Morgengrauen frisch und frohgemut los. Der Bauer, der den Campingplatz betreibt, versorgt uns noch mit Wasser. Johannes kann nun seinen 100 Liter Tank füllen, was in der Schweiz mißlang. Das Auto war am Morgen nach der Nacht so kalt, dass das Sicherheitsventil geschlossen hat. Dies Ventil schützt den kostbaren 12 Liter-Warmwassertank in der Therme vor Frostschäden. Meinen 10-Liter-Ersatzwassertank lässt der Bauer auch voll laufen. Unser Ziel Angouleme liegt etwa 500 Kilometer von Bourg-en-Bresse entfernt. Nach mehr als 700 Kilometer braucht meine Walkuh, wie ein Münchener Freund den Weissen Wal getauft hat, Diesel. Eine Dorftankstelle verlangt 1,57 Euro für den Liter. Doch eine andere Tankstelle an einem Supermarkt begnügt sich mit 1,42 Euro für die gleiche Menge.

Angouleme besichtigen wir, nachdem wir zuvor die Fahrzeuge am Marktplatz vor der Stadt geparkt haben. Die Stadt mit den Bauwerken, Kirchen und einem Rathaus aus alter Zeit begeistert uns. Die Fußgängerzone wimmelt von Menschen am frühen Samstag nachmittag. Strahlender Sonnenschein hat den morgendlichen Nebel vertrieben. Die Straßen waren frei, teilweise vierspurig ausgebaut. So kamen wir flott voran, ohne dass uns Staus oder gefährliche Situationen beunruhigten.



Der herrliche Sonnenuntergang am Samstag in Angouleme begeistert uns.

Unseren Plan, am Marktplatz in Angouleme zu nächtigen, müssen wir fallen lassen. Am dritten Sonntag im Monat bauen dort Marktfahrer ab 6.00 Uhr in der Früh ihre Stände auf. Wir wollten uns mit exakter Navi-Eingabe an einen Stellplatz 15 Kilometer verziehen. Doch sowohl das Tomtom- wie das Garmin-Navi finden mit unseren Eingaben keinen Platz. Also bleiben wir in der Nachbarschaft eines stillen Fabrikgeländes. Beide Fahrzeuge stehen etwas windschief, also nicht ganz gerade. Doch das stört unsere Freude nicht. Anregend plauschen wir beim Abendessen, von Rotwein beflügelt, bei Käse und Salat, tauschen Jugenderinnerungen und Erfahrungen wie Erlebnisse aus. Die Heizung gönnen wir uns, was bei minus zwei Grad Außentemperatur auch nötig ist.



Die Wintersonne beleuchtet den Justizpalast in Angouleme um 17.00 Uhr.



Die letzte Abendsonne auf dem Giebel eines Bürgerpalais in Angouleme.





Heizstrahler wärmen die Kathedrale für eine abendliche Feierstunde, derweil letzte Orgelklänge im Gewölbe verhallen.



Der Heilige hält der unschuldige Knäblein in der Kathedrale von Angouleme im letzten Licht der Abendsonne.



Pracht und Macht: Die Kirche sammelt Schätze zum Ruhme ihrer Gottesknechte.



Das Panorma vor dem martialischen Standbild von Carnot klingt der Abend in Angouleme aus.

Anderntags geht es durch Baurdeaux. Noch nicht recht vertraut mit meinem neuen Garmin-Navi führt uns diese Maschine auf kürzestem Weg durch die Großstadt. Bei dieser Stadtrundfahrt kommen wir am Fußballstadtion und der Universität vorbei. Bei aufreibenden Kurvenfahrten durch unzählige Kreisverkehr-Anlagen wird mir endlich klar, dass das Garmin-Navi auch auf "kürzere Zeit" einzustellen ist. Mit dieser Einstellung geht es schneller, eben auf größeren Straßen, weiter.

Mittags steigt die Außentemperatur bei durchbrechender Sonne auf unvorstellbar warme 10 Grad Celsius plus. Diesem ersten strahlenden Sonnengeschenk im neuen Jahr ist in Reichweite des Atlantik einfach nicht zu widerstehen. In Mimizan erreichen wir den zuckerfeinen Sandstrand und staunen über die schimmernd brechenden Wellen. Das Wasser ist kalt, sehr kalt. Doch das hält die jungen Männer nicht ab, auf Surfbrettern ihr Mütchen zu kühlen. Auch mir ist das kühlende Mittagsbad eine willkommene Ablenkung nach den langen Stunden im Fahrersitz.



Bei bald 10 Grad Celsius in schönster Januar-Sonne kann der Körper einem kühlenden Atlantik-Bad in Mimizan nicht widerstehen.

Der ermüdende Aufenthalt verkürzt das Tagwerk unserer Fahrleistung auf vergleichsweise bescheidene 290 Kilometer bis Capbreton. Den herrlichen Strand ieses Bade- und Touristenorts vor der spanischen Grenze verschandeln gesprengte Weltkriegsbunker. Die unermüdlich dagegen schlagenden Wellen werden wohl für die nächsten Jahrtaude an diesen Trümmern aus altem Beton in spritzenden Fontänen anlaufen.



Für die nächsten Hundertausend Jahre spielen die Atlantik-Brecher mit den Trümmern gesprengter Weltkriegsbunker.

Unsere Fahrzeuge stehen mit etwa zehn, fünfzehn anderen Wohnmobilen hinter den Dünen von Breton. Die Stromsäulen verweigern uns ihre Dienste. Dafür ist der Zugang aber auch kostenfrei. Hinter den Dünen wiegt uns das Meeresrauschen in einen erholsamen, langen Schlaf. Wieder arbeiten wir mit dem einfühlsamen Reisekameraden Johannes unser Berufsleben auf. Die Gespräche bleiben nicht ohne Folgen für das Kino der Nacht, einen Traum.



Der Januar lässt Platz für jeden, weil nur etwa 15 Mobile ihn belagern.

In diesem Alptraum sitze ich ungläubig staunend an meinem Schreibtisch im Büro. Schon etwa 15 Jahre arbeite ich an diesem Tisch und kann nicht glauben, was auf dem zerknitterten, dünnen Durchschlagpapier steht: "Hiermit kündigen wir Sie zum nächsten Quartal mit sofortiger Wirkung wegen mangelnder Leistungsbereitschaft und zu geringem Arbeitseinsatz. Gezeichnet Grossjan." Traumversonnen hängen meine Augen an diesem Namen. Mein mitfühlender Kollege kommt zu mir, sieht mir über die Schulter, liest das Schreiben mit. Mein Finger hämmert auf die Unterschrift und zornig bricht es aus mir heraus: "Wer ist dieses A***loch?" "Grossjean ist der neue Bereichsleiter auf Probe, der Chefredakteur werden will", antwortet mir mein Kollege.

Die Aufregung reicht, um mich aus meinem leichten Schlaf zu reißen. Langsam erwachend wird mir bewußt, dass der böse Traum vorbei ist. Mein Fluchtfahrzeug aus der Arbeits- und Wirtschaftswelt Deutschland ins Exil steht satt und sicher auf dem Sandumwehten Strandplatz hinter den Dünen in Capbreton.

Der Morgen schenkt wieder die wunderbare Wärme des Gasofens, dessen sanft summernder Ventilator aus fünf Ausströmern das Fahrzeug schnell von 13 auf angenehme 20 Grad heizt. Kaffee, Ei, Brot mit schmackhaftem Ziegenkäse aus der Schweiz, Jogurth mit Müsli und einer Bio-Orange beschenken mich mit der Klassik aus dem Sender "MUSIQUE" mit neuer Lebenskraft. Dass der aufgeregte Nachrichtensprecher beklagt, dass Frankreich seinen "tripple A-Status" wohl verloren hat in dem Monopoly der Ratingagenturen juckt mich kaum. Für uns geht es weiter nach Spanien.



Der Peugeot brauchte seit unserem letzten Tankstopp sechs Liter weniger. Dennoch fressen die rollenden Riesen alle sechshundert Kilometer etwa 100 Euro aus der Reisekasse.

Die wenigen Kilometer von Capbreton bis San Sebastian strengen an. Für knapp 80 Kilometer brauchen wir gefühlte fünf Stunden, jedenfalls mehr als zwei. Danach schraubt sich die Straße von der Küste bis auf 1000 Meter Höhe in neblige Kälte von zwei Grad Celsius. Nieselregen erschwert zusätzlich die nächsten drei Fahrtstunden.



Hinter San Sebastian schraubt sich eine vierspurige, mautfreie Straße bis auf 1000 Meter Höhe. Leider sehen wir im Regen nicht viel.

Um Proviant zu kaufen, suchen wir einen Supermarkt. Wir suchen auf einem Dorf vergeblich. Wir fahren in die Stadt Valladolid, immerhin schon 420 Kilometer von Capbreton entfernt. Sicherlich hätten es Läden in der Altstadt gegeben, durch deren enge Gassen wir kurven. Dafür fehlten dort Parkplätze. Also übergeben wir dem Navi die nächste Stadt Salamanca 120 Kilometer weiter als Ziel, damit uns das Gerät aus Valladolid hinaus führt. Leuchttürme von gewaltiger Höhe weisen auf IKEA und ein RIO-Shopping-Center hin. Parkplätze im gigantischen Ausmaß etlicher Fussballfeldern sind reich besät mit Limousinen der Mittelschicht. Doch das Shopping-Center scheint noch im Bau zu sein.

Die IKEA-Kantine bewirtet uns zum Sonderpreis. Schließlich haben wir bei einbrechender Dunkelheit endlich den Stellplatz gefunden, der uns nun auch als Nachtquartier dient. Die Fahrt von 420 Kilometern hat uns redlich ermüdet, mehr noch erschöpft. Schließlich sind wir drei Stunden davon durch engwinklige Stadtstraßen und einige Hundert Kreisverkehr-Anlagen gekurvt. Zu unserem Zielhafen Tarifa oder Algeciras an der Spitze von Südspanien stehen uns noch 800 Kilometer bevor.



Genug Kreis- und Stadtverkehr: Hinter Vallaloid finden wir auf einem IKEA-Parkplatz endlich nach einem langen Reisetag Ruhe.

Bei der Fahrerei genießt der Körper schon eine warme Dusche in irgendeiner LKW-Raststätte an der N 1 als höheren Luxus. Wenigstens erfreute uns am Nachmittag Sonne. Außerhalb unserer warmen Autos kühlen wir in der Höhe von mehr als 700 Metern doch sehr schnell aus.

Der Bericht geht ohne Korrektur aus einem WiFi-Tankstellen-Kaffee hinter Salamanca auf die Web-Reise. Viel Spaß - ceep connected :-)

1 Kommentar:

MONAS hat gesagt…

Bin praktisch mit an Bord